vendredi 7 juin 2019

Warum diese Strafe.. Warum dieser Fluch?

Meine Finger zittern vor der Kälte, weil ich beim Arbeiten gerne das Fenster offen lasse. Ich schließe das Fenster, wickele einen Schal um meinen Hals und vergrabe meine Finger darin, damit mir schnell warm wird. Ich schaue auf meine Fingerspitzen während ich sie anhauche, entgleite dem Hier und Jetzt und lange Vergangenes kehrt in mein Bewusstsein zurück.

Damals, an jenem Morgen, hatten meine Finger auch gezittert. Ich erinnere mich nicht mehr, warum ich zu spät zur Schule kam – war ich unkonzentriert? Oder war meine Mutter schuld, da sie es versäumt hatte mich rechtzeitig zu wecken? Ich weiß es nicht genau.
Ich ging in die fünfte Klasse der Grundschule und war eine überragende Schülerin, die Lieblingsschülerin meine Lehrerin Fadwa. In den Pausen ließ sie mich bei ihr bleiben, und während die anderen Mädchen draußen spielten, half ich ihr, die Hausaufgaben und Klassenarbeiten zu korrigieren. Sie vertraute mir und warf nur einen flüchtigen Blick auf die Bewertungen, die ich in rot neben die Antwort geschrieben hatte. Dann zählte sie die Punkte zusammen und schrieb das Endergebnis unter die Klassenarbeit.
An jenem Morgen kam ich zu spät und fand mich einer Vertretungslehrerin gegenüber. Mit finsterem Gesicht befahl sie mir, stehenzubleiben, und begann mich wegen meines Zuspätkommens auszuschimpfen. Dabei war ich nur paar Minuten zu spät, was bei uns  Mädchen in der fünften Grundschulklasse dauernd vorkam. Unterwürfig blieb ich stehen und ließ ihre Standpauke über mich ergehen. Dann forderte sie mich auf, meine Hand auszustrecken, um meine Strafe in Form von Stockschlägen zu erhalten.

Ich war schockiert und blickte meine Mitschülerinnen hilfesuchend an, aber es gab kein Entkommen. Das Gesicht der Vertretungslehrerin Nezha war schweissnass vor Wut als sie mir drohte, dass mich weitere Stockschläge erwarten würden, sollte ich das Ausstrecken der Hände weiter hinauszögern.

Ich streckte meine Hand aus und begann noch vor dem ersten Schlag zu weinen. Meine Hände waren eiskalt und die Schläge fühlten sich wie Elektroschocks anIch weinte wegen des Schmerzes, aber noch mehr weinte ich wegen des Schocks und der Demütigung. Während ich noch zu meinem Platz zurückging, trafen weitere verspätete Schülerinnen ein, die allesamt den Stock der Vertretungslehrerin zu spüren bekamen.
Nezha hatte am Tag der Übernahme unserer Klasse entschieden, uns nach ihrer Art zu erziehen: Zu Gehorsam und Unterwürfigkeit. Noch lange begleitete mich dieses Gefühl des Unrechts, dass ich an jenem Tag empfunden hatte. Es war der erste Schlag auf meine kalte Hand.
In der Grundschule hatten wir eine Lehrerin für alle Hauptfächer, und eine weitere Lehrerin für die sogenannten Erholungsfächer, wie Zeichnen und Sport. Der Unterricht in diesen Fächern fiel meistens aus, statt dessen wurden der Stoff der Hauptfächer unterrichtet. Es war Fadwa, unsere Lieblingslehrerin,  die in solchen Fällen einsprang. Sie war unsere einzige wirkliche Lehrerin, nur sie konnte uns einschätzen und sehr selten kam es vor, dass sie uns bestrafte. Zwar machte sie manchmal Anstalten, uns mit dem Stock zu schlagen, lachte dann aber, wenn eine von uns ängstlich die Hand ausstreckte, und bestrafte uns doch nicht.

In der Mittelschule lernten wir schlimmere Arten der Bestrafung kennen, und mussten feststellen, wie sanft es in der Grundschule noch zugegangen war.

Dort gab es viele Lehrerinnen, eine für jedes Fach: Sport, Physik, Geschichte, religiöse Erziehung, Heimatkunde, … Dort lernte ich ein Fach kennen, welches meine Vorstellungen von Unterricht und Schule auf den Kopf stellte: Militärische Erziehung. Es gab spezielle Lehrer für dieses Fach, die sogenannten Jugendausbilder.
Sabah war die erste Jugendausbilderin, die ich in meinem Schulleben kennen lernte. Ich hatte gedacht, sie würde mich bevorzugt behandeln, weil ich aus ihrem Viertel komme. Wir lebten in der gleichen ärmlichen Gegend, in der es keine Mittelschule gab. So kam es, dass ich die Al-Nil Schule  besuchte, auf die Mädchen wohlhabender Viertel gehen.
Sabahs Art, den Klassenraum zu betreten, hatte etwas furchteinflößendes. Allein der Klang ihrer kräftigen Stimme genügte, um uns vor Angst zittern zu lassen. Beim morgendlichen Fahnenappell brauchte sie kein Mikrophon um die Masse der Schülerinnen in Schach zu halten. Immer wieder sagte sie “stillgestanden” und “rührt euch”, zwei Worte an deren ständige Wiederholung wir uns im Laufe der Jahre gewöhnt hatten, jeweils mit den dazugehörigen Bewegungen unserer Füße.
Ich selbst wurde von Sabah nie bestraft, hatte aber Angst, als ich meine Freundin Aruba vor Schmerzen weinen sah, während sie über den Schulhof kroch. Ihre Hose war an den Knien durchgescheuert und ein wenig Blut war zu sehen. Nie wieder sah ich Aruba so gebrochen, wie an diesen Tag. Ausgerechnet sie, die sich für etwas Besseres hielt, weil sie in einer Villa mit einer massiven Eisentür wohnte, wo sie nicht wie wir, in unserer ärmlichen Gegend, von lärmenden Nachbarn belästigt wurde.

Die Frauen des Viertels redeten schlecht über Sabah und nahmen auch vor den mit ihr verwandten Nachbarinnen kein Blatt vor den Mund. Ich hingegen hoffte, mithilfe dieser Verwandten eine Beziehung zu Sabah aufzubauen, um so ihren Strafen zu entgehen. Jene Strafen, deren Vorstellung allein mich bereits erzittern ließ.

Nach der dreijährigen Mittelschule setzte sich unser Martyrium dann an der Oberschule fort, aber nachdem ich mich an Sabah gewöhnt hatte, konnten mich die Jugendausbilderinnen dort nicht mehr überraschen. Wer mich hingegen schockierte war meine Mitschülerin Thana, die zu den sogenannten “Fallschrimspringerinnen” gehörte, einer paramilitärischen Organisation der Bath-Partei. Sie hatte nicht nur Macht über die Schülerinnen und Lehrerinnen, sondern auch über den Schuldirektor und seine Ehefrau. Niemand war so gewalttätig und rücksichtslos wie sie, dabei war sie doch eine Schülerin wie wir.
Es war ihr erlaubt, die Tür des Klassenzimmers aufzutreten und in den Unterricht der Arabischlehrerin, einer charakterschwachen Person, die Angst vor ihr hatte, hineinzustürmen. Dann forderte sie uns auf, aufzustehen und den Leitspruch der Baath-Partei aufzusagen: “Eine Arabische Nation, mit einer ewigen Mission.” Dann mussten wir die Ziele der Partei wiederholen: “Einheit, Freiheit, Sozialismus”. Diese Sprüche können alle Syrerinnen und Syrer auswendig.
Meine Finger sind inzwischen wieder warm geworden und ich stehe auf, um das Fenster erneut zu öffnen. Ich genieße diese Kälte, die mich in Zeit willkürlicher Bestrafungen zurückversetzt hat, unter der wir Schülerinnen und Schüler zu leiden hatten, ohne das wir uns etwas Konkretes zu schulden hätten kommen lassen, und deren einziger Zweck darin bestand, uns unterwürfig zu machen und zu demütigen.

Jetzt, wo Syrien in Trümmern liegt, frage ich mich: Liegt ein Fluch auf diesem Land? Waren die vielen Strafen, durch die damals unser Wille gebrochen wurde, Ausdruck desselben Fluches, der nun überall im Land in jedem Moment spürbar ist?

Was haben wir Syrer getan, dass wir diese Bestrafung verdienen? Am Anfang waren es die Vertretungslehrerinnen, dann folgten Jugenausbilderinnen und “Fallschirmspringerinnen”. Zuletzt kamen Männer aus allen Teilen der Welt um uns die bombardieren, uns zu töten, und uns eine Lektion in Unterwerfung und blindem Gehorsam zu erteilen.
Maha Hassan

Pas de policier dans la tête

Pas de policier dans la tête


Quels ont été vos débuts en littérature?
J’avais 15 ans quand j’ai commencé à écrire. J’étais une gamine très révoltée. Plus tard, j’ai écrit un premier recueil de nouvelles érotiques que j’ai envoyé à un éditeur : il était intéressé, mais rien ne pouvait être publié sans l’autorisation du pouvoir politique. Le texte a donc été interdit, car jugé trop libéral.
Le mesuriez-vous?
Non. Il me semblait que dans un État « laïque », tant que je n’abordais pas la question politique, ça passerait. Quand j’ai vu que ce n’était pas le cas, j’ai pris une des nouvelles du recueil et je l’ai envoyée par la poste à une revue libanaise très réputée, connue pour ses positions antireligieuses. Nous étions en 1993. Quelques mois après, un ami qui revenait du Liban m’a rapporté un exemplaire : mon texte avait été publié et mon nom était sur la couverture. Cette situation était très étrange : d’un côté, j’étais à Alep, portant le voile dans une ville où les femmes se cachent les yeux et les mains, et quelque part à Beyrouth, une revue publiait une de mes nouvelles intitulée Les Doigts de la mariée et qui parlait de masturbation.
Votre famille s’intéressait-elle à la littérature?
Pas du tout. Je suis née dans une famille analphabète. Nous n’avions pas un livre à la maison. Chez nous, ce qui comptait, c’était la politique, de sorte qu’on pouvait me juger moralement, mais pas artistiquement. Peut-être que cela m’a aidée. Peut-être que si j’avais eu un père écrivain, je n’aurais pas osé écrire. Mon père était un homme de gauche. Mes premières lectures, c’était Marx. J’avais une photo de Lénine dans ma chambre. Ensuite, j’ai découvert L’Être et le Néant et à partir de là, tout un pan de la littérature française. Le premier livre que j’ai acheté moi-même, c’était L’Étranger de Camus. Le seul titre me touchait énormément.
Parce que vous êtes kurde?
Oui, kurde parmi les Arabes. Pour les Kurdes, je ne suis pas kurde parce que je parle arabe et pour les Arabes, je ne suis pas arabe parce que je suis kurde. Très tôt, je me suis exilée dans une littérature française traduite en arabe. Mais ma grand-mère, que je considère comme ma mère spirituelle, était sage-femme et ne parlait pas arabe : elle racontait des histoires en kurde. Une langue que je comprenais, mais sans la maîtriser et sans pouvoir l’apprendre à l’école… La langue arabe est donc ma mère adoptive, celle qui m’a soignée. Au fond de moi, cependant, je ne me sens pas arabe… Kurde non plus. Je me sens comme une bâtarde.
Votre premier roman, L’Infini. Récit de l’autre, est finalement publié en Syrie en 1995. Quelle a été sa réception?
Cette fois-là, j’ai obtenu l’autorisation du pouvoir politique, mais j’ai été condamnée par le milieu littéraire. On m’a reproché que ce ne soit pas un roman, que ce ne soit pas linéaire, que ce soit composite… Certains écrivains reconnus ont prétendu que ça ressemblait à une bagnole avec un moteur de Peugeot et des portes de Mercedes. On aurait préféré que je fasse des romans sentimentaux. Non seulement j’étais kurde, cataloguée comme auteure érotique, mais aussi attaquée pour mes partis pris esthétiques.
En 2005, Human Rights Watch vous a décerné le prix Hellman-Hammett pour votre engagement en faveur de la liberté d’expression. Vous avez alors passé un an en résidence dans la maison d’Anne Franck. Quel souvenir en gardez-vous?
Cela a été extraordinaire. Pour moi qui suis une femme venue de la guerre, c’était comme un signe du destin : une main tendue pour poursuivre en littérature.
Vous avez aujourd’hui le projet d’écrire en français. Pourquoi?
Mes livres ne sont pas traduits en français et cela reste pour moi un grand obstacle : je suis mariée avec un Français, j’habite à Morlaix, tous mes amis sont Français… J’ai envie d’être lue par ces personnes. Mais aujourd’hui, les traductions s’opèrent essentiellement selon un agenda politique : l’Occident choisit les textes arabes à traduire au gré de l’actualité et non en fonction de critères littéraires. C’est pourquoi je désire aujourd’hui écrire directement en français. Et puis le français, c’est la langue de la liberté. Quand je m’exprime en arabe, il y a toujours une autocensure qui s’exerce. Quand je parle en français, il n’y a place pour aucun policier dans ma tête.